Der klassischen Mechanik liegt das Alltagsverständnis von Raum und Zeit zugrunde. Demnach bilden Raum und Zeit die Bühne des Weltgeschehens, wobei der Raum dreidimensional, homogen und in allen Richtungen isotrop ist. Die Zeit ist eindimensional und schreitet gleichmäßig fort.
Diese intiutive Vorstellung wurde von Einsteins Relativitätstheorien und den damit verbundenen empirischen Beobachtungen infrage gestellt. Demnach hängen die Abstände in Raum und Zeit, die man mit Zollstöcken bzw. Uhren misst, vom Bewegungszustand des Beobachters und den Massen in seiner Umgebung ab. Um diese Resultate mathematisch zu beschreiben, hat Hermann Minkowski die vierdimensionale Raumzeit eingeführt, die die drei räumlichen Koordinaten x, y, z und eine zeitabhängige vierte Koordinate c*t umfasst. Die vierte Koordinate c*t hat also ebenso wie die drei räumlichen Koordinaten die Maßeinheit einer Länge, ist aber fest mit der Zeit t assoziiert und hat zudem in der Metrik das entgegengesetzte Vorzeichen. Die Koordinatensysteme zweier Beobachter S und S´, die sich gegeneinander mit der Geschwindigkeit v bewegen, werden durch die sogenannten Lorentz-Transformationen ineinander überführt.
Eine Konsequenz von Einsteins Spezieller Relativitätstheorie hat besonders viel Unverständnis hervorgerufen, nämlich die Tatsache, dass zwei Ereignisse, die für einen Beobachter gleichzeitig erscheinen, für andere Beobachter hingegen ungleichzeitig sein können. Damit wird die intuitive Vorstellung einer einheitlichen Gegenwart obsolet, in der wir uns ebenso wie unsere Umgebung befinden. Nach Einstein hat das Jetzt keinen Platz in der Physik. Auf Laien wirkt es jedoch sehr befremdlich, dass die gängigen Theorien der Physik nicht beschreiben können, wodurch das Jetzt als Gegenwart ausgezeichnet ist. Um dieses Defizit zu beheben, hatten wir im Abschnitt "Gegenwart und Zeitvergehen" vorgeschlagen, dass hinter dem Phänomen, welches wir als Zeitfluss wahrnehmen, eigentlich eine stete Änderung einer physikalischen Größe steckt, die als Wirkung S bezeichnet wird. Zwischen der Gegenwart G1 und der Gegenwart G2 ändert sich der Wirkungswert aller materiellen Objekte um einen bestimmt Faktor S2/S1, wobei jedoch die auf einer Uhr gemessene zeitliche Distanz zwischen G1 und G2 vom Weg abhängt, den man zwischen G1 und G2 nimmt. Mit diesem Kniff lässt sich die intuitive Vorstellung einer einheitlichen Gegenwart retten, ohne in Widerspruch mit den Resultaten der empirisch gut bestätigten Relativitätstheorie zu geraten, und obendrein ließ sich auch das Prinzip der kleinsten Wirkung rechtfertigen, aus dem sich alle physikalischen Bewegungsgesetzte ableiten lassen.
Eine Sache blieb jedoch rätselhaft: Was steckt anschaulich hinter der abstrakten Größe der Wirkung?
Um dieses Mysterium zu enträtseln, hilft vielleicht ein Blick auf die Einheit dieser physikalischen Größe. Die Wirkung wird in J*s gemessen. Diese Einheit erhält man, wenn man das Produkt aus Energie und Zeit oder das Produkt aus Wegstrecke und Impuls bildet. Zugleich ist J*s auch die Einheit des Drehimpulses. Aha! Handelt es sich bei der Änderung der Wirkung, die eine Gegenwart in eine andere Gegenwart überführt, vielleicht um die Änderung eines Drehimpulses? Dafür käme wohl nur ein Drehimpuls in Betracht - der Drehimpuls des Universums als Ganzem! Was uns als Zeitfluss erscheint, hätte dann seine tiefere Ursache in der steten Änderung der Gesamtrotation des Universums. Ob es sich dabei um eine Zunahme oder eine Abnahme des Drehimpulses handelt, lässt sich prima facie nicht sagen - solange das Vorzeichen der Änderung gleich bleibt, gibt es jedenfalls keine Zeitumkehr.
Erfolgt diese Änderung der Rotation des Universums kontinuierlich oder sprunghaft?
Dazu wollen wir eine gewagte Hypothese aufstellen: In jedem Augenblick ändert sich der Drehimpuls des Universums um einen quantisierten Betrag, nämlich h/4pi. Das ist gerade der Spin eines Universalteilchens. Pro Augenblick kommt also ein Universalteilchen im Universum hinzu (oder verschwindet aus dem Universum - je nachdem, ob der Gesamtdrehimpuls des Universums einer Zunahme oder Abnahme unterliegt). Da unser Universum augenscheinlich expandiert, scheint ein Zunahme der Teilchenzahl allerdings plausibler. In jedem Augenblick geschieht also ein irreversibles Ereignis, weil ein neues Teilchen hinzukommt und in Interaktion mit den schon vorhandenen Teilchen tritt.
Wenn diese Überlegungen zur Natur der Zeit richtig sein sollten, so kann die Minkowskische Beschreibung der Raumzeit mit drei räumlichen Koordinaten und einer fest mit der Zeit assoziierten vierten Koordinate nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Diese Vermutung legt auch noch ein anderer, äußerst seltsamer Befund nahe: Fermionen – und mithin das vermutete basale Universalteilchen – haben die merkwürdige Eigenschaft, dass sie erst bei einer Rotation um 720° wieder mit sich identisch sind. Nach einer Umdrehung um 360° hat die Wellenfunktion des Teilchens das umgekehrte Vorzeichen – erst nach einer weiteren Drehung um 360° ist wieder der Ausgangszustand erreicht. Diese Eigenheit tritt nicht nur dann zutage, wenn der Beobachter fix ist und das Teilchen um die eigene Achse gedreht wird, sondern auch, wenn das Teilchen fix ist und der Beobachter in einem Kreis um das Teilchen herumläuft. Daher kann diese bizarre Eigenschaft nicht an den Fermionen liegen, sondern muss mit den topologischen Eigenschaften des Universums zusammenhängen, denen auch wir unterliegen, wenn wir uns als Beobachter um ein anderes Objekt drehen.
Eine mögliche Erklärung für dieses seltsame Verhalten der Fermionen könnte darin liegen, dass Universum eine vierdimensionale räumliche Topologie besitzt. Mathematikern ist bekannt, dass man auf einer vierdimensionalen Kugel erst nach einer Drehung um 720° beim Ausgangspunkt ankommt. Nach 360° ist man zwar am gleichen Punkt angekommen, steht aber gewissermaßen auf dem Kopf. Dass wir im Alltag davon nichts mitbekommen, sondern bereits nach einer Drehung um 360° den Eindruck haben, wieder am Ausgangspunkt angekommen zu sein, könnte damit zusammenhängen, dass die Welt der makroskopischen Körper von Kräften zusammengehalten wird, deren Austauschteilchen Bosonen sind. Sowohl Photonen als auch die Austauschbosonen der starken und der schwachen Wechselwirkung haben eine Rotationssymmetrie von 360°.
Die von uns entwickelte Rekonstruktion der relativistischen Mechanik zeigt ebenfalls, dass die vier Dimensionen des Universums primär gleichartig sind. Was uns davon als dreidimensionaler Raum erscheint, hängt von einer Größe ab, die wir den "Energievektor" nennen. Die drei räumlichen Koordinaten stehen jeweils senkrecht zu diesem vierdimensionalen Energievektor. Ändert sich unser Bewegungszustand, ändert sich die Lage unseres Energievektors im Universum und damit erscheint uns ein anderer Schnitt durch die vier Dimensionen des Universums als dreidimensionaler Raum.
Während der Raum also relativ zum Beobachter gemessen wird, gibt es in unserer Rekonstruktion der relativistischen Mechanik eine ausgezeichnete Zeitachse. Wie weit ein Objekt auf der Zeitachse zwischen zwei Gegenwarten vorankommt, hängt von der Projektion seines Ausgangs- und Endpunkts auf diese Zeitachse ab. Doch was könnte diese Zeitachse im Universum auszeichnen? Unserer Meinung nach kommt dafür lediglich eine Achse in Betracht - die Rotationsachse des Universums.
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